Zwei Wochen Fußball pur – Vergnügen oder Übersättigung?

Nach gut zwei Wochen bin ich seit heute morgen wieder zu Hause in Lusaka – Frau und Hunde waren glücklich, mich gesund, aber müde wieder zu sehen!

Ehe ich in den nächsten Tagen eine umfassende Bestandsaufnahme dieser speziellen Fußballreise mache, heute ein paar Gedanken zur Intensität des Gebotenen und dem Spaßfaktor. Selbst eingefleischte Fußballfans hatten bisher nicht die Möglichkeit bei einem Fußball- Großereignis, über mehrere Wochen pro Tag mindestens ein Spiel sehen zu können. Dies wurde nur möglich aufgrund der Ausrichtung der WM in und um eine einzige Stadt herum. Die größte Entfernung zwischen zwei Stadien beträgt gerade einmal 55km (Al Janoub im Süden und Al Bayht im Norden) und alle acht Arenen sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Es gab sogar spezielle Shuttle-Busse zwischen den Stadien, damit Fans im Achtelfinale nach dem Nachmittagsspiel auch noch das Abendspiel sehen konnten. Bis zum Ende der Achtelfinals gab es keinen Tag ohne Spiel, während der Gruppenphase sogar bis zu vier Spiele an einem Tag. So kompakten einfach zugänglich Fußball (sofern man eine Karte hatte) gab es noch nie.

Es gab einige Fans, die dem nicht widerstehen konnten und an einigen Tagen zwei Spiele sahen. Auch wir waren von den Möglichkeiten begeistert und sahen an allen Tagen außer einem jeweils eine Partie. Olaf war mit 14 Spielen (einmal auch zwei an einem Tag) Spitzenreiter,gefolgt von mir mit 13 Partien und OJ mit 12. Es muss aber auch festgehalten werden, dass An- und Abfahrt zu den Spielen einiges an Zeit und Planung kosteten. Am anstrengendsten waren die Abendspiele (um 22.00 Uhr Ortszeit) im Al Bayht Stadion (von denen wir drei hatten), weil selbst die Anfahrt mit dem Taxi mindestens eine Stunde dauerte, gefolgt von einem strammen Fußmarsch von 20-30 Minuten. Bei der Abfahrt vom Stadion mussten wir dann unseren Fahrer finden und aus dem verstopften Parkplatz herauskommen. Wir waren dann oft erst gegen 02.00 Uhr wieder in unserer Unterkunft. Zum Glück kosten Taxis in Katar nicht viel. Die Retourfahrt nach/von Al Bayht kostete pro Person nicht mehr als 10-12€.

al-Bayht Stadion

Zu den anderen Stadien fuhren wir teilweise mit der Metro und/oder Bussen, teilweise auch mit Taxis. Kaum einmal dauerte es trotz der effizienten Organisation der Transportwege weniger als sechs Stunden, ein Spiel zu sehen. Da blieb oft nicht allzuviel Zeit, um sich Doha und Katar genauer anzuschauen. Wir schafften es mit einem Mietwagen den Norden Katars zu sehen (mit dem einzigen katarischen UNESCO Weltkulturerbe, dem Fort Al Zubara) und zum Quartier der deutschen Mannschaft zu fahren, beschränkten aber unsere Ausflüge in Doha auf die Skyline an der Corniche (der Strandpromenade, wenn man so will), die (Einkaufs-)Mall of Qatar, den Souk Waqif und das Katara cultural village. Die beiden letzteren Lokalitäten gefielen uns aufgrund der Atmosphäre, der vielen Restaurants und Cafés sehr gut. Bilder von all diesen Ausflügen werde ich noch hochladen, wenn ich herausgefunden habe, wie das geht.

Corniche bei Nacht
Mall of Qatar

Nach zwei Wochen Fußball war ich gestern Abend ziemlich müde und abreisebereit. Aber nicht ohne vorher den aufopferungsvollen Abwehrkampf der Marokkaner gegen weitgehend inspirierte Spanier gesehen zu haben, der bekanntlich mit einem deutlichen marokkanischen Sieg im Elfmeterschießen endete.

Für das nächste Turnier (EM 2024 in Deutschland und/oder WM 2026 in Nordamerika) werde ich auf jeden Fall nicht wieder ein solches Mammutprogramm planen, das für kulturelle und soziale Unternehmungen nicht genug Raum bietet. Katar war eine einmalige Möglichkeit, den Fußball-Junkie in mir zu befriedigen und die habe ich genutzt. Es zeigte mir aber auch, daß solch andere Aspekte auch wichtig sind, um ein rundum gutes Turnier zu erleben. Katar stellte noch keine Übersättigung an Fußball dar, aber das Gesamtvergnügen kam etwas zu kurz.

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