Auf einem Stehplatz unter argentinischen Fans

Gestern gab es für uns das erste Achtelfinale mit der Partie Argentinien gegen Australien. Wir reisten mit gemischten Gefühlen zum Spiel, da wir alle keine Fans von Argentinien sind und wir andererseits Australien maximal eine 10% Chance einräumten. Vor dem Spiel besuchten wir die prächtige „Mall of Qatar“, die direkt neben dem Stadion „Ahmad bin Ali“ liegt. Das ist benannt nach einem früheren katarischen Emir (dem Großonkel des jetzigen Emirs), der in den 60er Jahren den Fußball nach Katar brachte.

Ahamd-bin-Ali Stadion

Die Mall ist opulenter und weitläufiger als alles was ich bislang in dieser Hinsicht gesehen habe. Es dominieren Bekleidungsgeschäfte (auch viele Marken, die wir aus Europa kennen) und Parfümerien. Eine Sektion der Mall besteht nur aus Restaurants und Cafés. Dort ergatterten wir einen Tisch mit direkter Sicht auf einen Großbildschirm. Bei schmackhaften Hamburgern sahen wir den holländischen Sieg gegen die USA.

Public Viewing in der Mall of Qatar

Anschließend ging es hinüber ins Stadion zum Abendspiel Argentinien gegen Australien. Von aussen sah auch das Ahmad bin Ali Stadion mit seinen wechselnden Illuminationen wieder spektakulär aus. Im Inneren gab es jedoch Probleme mit der Akustik: Lautsprecheransagen waren oft nicht zu verstehen. Das lag z.T. sicherlich an den lauten argentinischen Fans, vor allem aber an der schlechten Modulation der Lautsprecher.

vor dem Spiel Australien gegen Argentinien

Für dieses Spiel hatten wir Karten der Kategorie 3 und saßen versetzt hinter einem der Tore – inmitten der argentinischen Fan-Kolonie! Vergebens hoffte ich, dass wir nicht die vier einzigen Nicht-Fans in diesem Meer von blau-weiß gestreiften Messis (jeder zweite argentinische Fan trug Trikots mit Messis Namen) bleiben würden. Schon lange vor Spielbeginn begann der ganze Fan-Block zu singen und rhythmisch auf und ab zu springen, so dass man Angst um die Vibrationsbeständigkeit des Stadions haben konnte. Die auf spanisch gesungenen Anfeuerungslieder handelten vom Traum eines dritten Titels und immer wieder von Messi, der für die Argentinier ein Messias ist.

Messi überall

Das rund 40.000 Zuschauer fassende Stadion war zu 80% mit argentinischen Anhängen gefüllt – von denen ein Großteil wirklich aus Argentinien zu stammen schien, wie die das gesamte Stadionrund erfassenden Fangesänge zeigten. Auf unseren Plätzen war an ein Hinsetzen nach dem Anpfiff nicht zu denken. Alle Argentinier standen, um inbrünstig zu singen, zu klatschen und für jede halbwegs gelungene Aktion ihrer Mannschaft frenetisch Beifall zu spenden. Zwar gab es auch einige unbelehrbare Idioten, die beim Abspielen der australischen Nationalhymne pfiffen oder weitersangen, aber die Mehrzahl der argentinischen Fans verhielt sich fair. Wir hatten also Stehplätze zum Preis von immer noch Recht kostspieligen Sitzplätzen (90€)! Aber es war eine besondere Erfahrung.

Im Vergleich zur Seite einigen Jahren Recht müden deutschen Fan-Kultur, die eher Club-bezogen ist, war die vollständige Identifikation der Argentinier mit ihrem Nationalteam beeindruckend. Messi bedankte sich nach dem Spiel ausdrücklich bei den Fans, die die Mannschaft durchgängig nach vorne getrieben hätten. Auch unser Eindruck war, dass ohne die Fan-Unterstützung die „Albiceleste“, wie die Argentinier auch genannt werden, erheblich größere Probleme mit den kampfstarken und lauffreudigen „Socceroos“ gehabt hätten. Ach ja, Argentinien gewann 2:1 auch dank Messi, der aber gegen den beim Zweitligisten St. Pauli spielenden Jackson Irvine durchaus seine Probleme hatte. Doch seine individuelle Klasse und ein vom australischen Torhüter leichtfertig vertaendelter Ball reichten, um Argentinien ins Viertelfinale zu bringen, wo sie nun auf Holland treffen.

Australien schaffte es nicht ganz Argentinien standzuhalten

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